Gespräche vor Ort
23. August 2012

Rot-Grüne OB-Kandidaten wollen sich aus ihrer politischen Verantwortung stehlen

Der Obermenzinger CSU-Ortsvorsitzende Frieder Vogelsgesang (links) mit Josef Schmid, Kreisvorsitzender der CSU im Münchner Westen und designierter OB-Kandidat der CSU.

Nach langem Tauziehen steht nun auch die OB-Kandidatin der Grünen fest. Und sogleich distanziert sich die Grünen-Stadträtin vehement von der rot-grünen Stadtregierung der vergangenen Jahre.

Josef Schmid, der designierte OB-Kandidat der CSU und Kreisvorsitzende der CSU im Münchner Westen, kann sich jedenfalls über die Äußerungen der Kandidaten von Rot und Grün nur noch wundern:

"Jetzt endlich sind auch die Kandidaten der beiden anderen großen Rathausparteien für die Oberbürgermeisterwahl bekannt. Meine Mitbewerber sind der SPD-Mann Dieter Reiter die Grüne Sabine Nallinger. Beide sind fest in der rot-grünen Rathauskoalition verwurzelt. Sabine Nallinger ist seit 2008 Stadträtin, Dieter Reiter seit 2009 Wirtschaftsreferent, davor war er Mitarbeiter der Stadt und zuletzt Stellvertreter des Kämmerers. Um so verwunderlicher ist es für mich und viele Beobachter, dass sich beide nun mit Themen zu positionieren und profilieren versuchen, die ihre eigene Rathausmehrheit seit Jahren nicht in der Lage ist, zur Zufriedenheit der Münchnerinnen und Münchner zu bearbeiten oder die sie seit Jahren hätte positiv beeinflussen können.  

So haben sich beide zum Thema Wohnungsbau geäußert. Frau Nallinger, bei der im Übrigen ihr eigener Arbeitgeber (die städtische Verkehrsgesellschaft MVG) klarstellen musste, dass sie anders als von ihr behauptet nicht Leiterin des Bereiches Forschung, Entwicklung und Innovation, sondern „nur“ Mitarbeiterin ist, verspricht auf einmal, nach 22 Jahren Rot-Grün, 120.000 neue Wohnungen zu bauen. Die massivste Kritik kam aus den eigenen Reihen: sowohl der rote Bündnispartner als auch eigene Leute schäumten über diese Aussage, ist sie doch nichts anderes als offene Eingeständnis des Versagens der rot-grünen Wohnungsbaupolitik.  

Dieter Reiter will wieder in den Sozialen Wohnungsbau investieren. Das klingt zunächst gut. Ich frage mich aber: was hat Rot-Grün dann die letzten 22 (!) Jahre ihrer Regierungsherrschaft gemacht? Mit jedem Wohnungsbauprogramm schreiben wir städtische Zielzahlen im Wohnungsbau fest. Ebenso regelmäßig kann Rot-Grün diese Zahlen nicht erreichen. Regelmäßig stellt der Stadtrat mit CSU-Unterstützung entsprechende Gelder zur Verfügung. Ebenso regelmäßig werden diese nicht abgefragt. Von den im letzten Programmzeitraum eingestellten 625 Millionen Euro wurden gerade einmal 233 Millionen investiert!  

Diese Tatsachen hindern weder den Oberbürgermeister noch die SPD daran, dennoch zu verkünden, München würde 625 Millionen Euro in den Wohnungsbau investieren. Während sich also der noch amtierende Oberbürgermeister (und SPD-Ministerpräsidenten-Kandidat) mit seinen Erfolgen im Wohnungsbau schmückt, fordert sein Wirtschaftsreferent (und SPD-OB-Kandidat), dass die Stadt wieder in den Sozialen Wohnungsbau investieren muss. Ist das stimmig?  

Während Rot-Grün in den letzten Jahren das Ziel von 1.800 geförderten Wohnungen pro Jahr nie (!) erreichen konnte, während sich der Netto-Wohnungszugang zwischen 3.149 (2006) und 5.990 Wohnungen als einmaligem Höhepunkt in 2011 bewegt, will Frau Nallinger alleine die städtischen Gesellschaften jährlich 1.000 Wohnungen bauen lassen. Wo sie den Platz dafür finden will, bleibt ihr Geheimnis.  

Dieter Reiters fordert als Lösungsvorschlag für den Wohnungsmangel einen Gesamtüberblick über Wohnungsbaureserven. Peinlich nur: seit 2009 wird genau dies im Rahmen des Projektes langfristige Siedlungsentwicklung untersucht. Auch der Flächennutzungsplan gibt Auskunft. Als Mitglied der Stadtregierung und Wirtschaftsreferent sollte er das eigentlich wissen! Ihm sollte ebenfalls bekannt sein, dass seine „neue“ Idee, für Genossenschaften die Grundstückspreise zu subventionieren, erst kürzlich im Stadtrat behandelt wurde. Wie die Verwaltung dargestellt hat, ist dies rechtlich sehr schwierig.   Und wieso ausgerechnet er als Chef des Wirtschaftsreferates, dem Betreuungsreferat der Stadtwerke, eine Übersicht über die Grundstücksreserven der Stadtwerke fordert, bleibt sein Geheimnis. Uns als Opposition hält man die Information als sogenanntes Betriebsgeheimnis vor, ihm als zuständigen Referenten wäre es ein Leichtes, die Informationen dem Stadtrat zugänglich zu machen. Er sitzt an der Quelle!  

Es war im Übrigen auch ein rot-grüner Beschluss, unseren Antrag auf eine zentrale Anmeldung bei der Kinderbetreuung abzulehnen. Eine solche zentrale Anmeldung forderten wir schon anno 2007. Dieter Reiter ließ in diesem Zusammenhang nichts von sich hören. Heute erklärt er unseren Vorschlag zu seiner neuen Idee. Ich bin gespannt, wie sich Rot-Grün bei der Abstimmung verhält.  

Es war ebenfalls ein rot-grüner Beschluss gegen unsere Stimmen, knapp die Hälfte der öffentlichen Toiletten zuzusperren. Auch hier vermisste ich eine Reaktion des SPD-OB-Kandidaten. Heute fordert Reiter mehr öffentliche Toiletten. Beides fällt Übrigens auch in seine Kompetenz: Denn als Wirtschaftsreferent muss es auch in seinem Interesse sein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Er hätte also seit seinem Amtsantritt Zeit gehabt, sich hier für eine zentrale Anmeldestelle einzusetzen. Als Tourismus-Chef ist auch die „Örtchenfrage“ seine Sache. Warum hat er sich als Mitglied der Stadtregierung nicht positioniert, als die Entscheidung gefällt wurde?  

Insgesamt finde ich befremdlich, dass meine beiden Mitbewerber, die beide wohl gemerkt der Rathausmehrheit angehören, Dinge fordern, die ihr Bündnis in der Vergangenheit längst hätte regeln können. Sicher muss jeder ein eigenes Profil entwickeln, neue Schwerpunkte setzen, aber es ist erstaunlich, wie man so tun kann, als hätte man mit der rot-grünen Politik der letzten 22 Jahre nichts zu tun. Ein Schleichen aus der Verantwortung werden wir nicht dulden und unsere Oppositionsarbeit kraftvoll fortsetzen. "

23. August 2012, Frieder Vogelsgesang


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